Replik: ‚Gut geschriebener Kommentar. Ich glaube aber auch, dass sich endlich mal gefragt werden könnte weshalb diese Gewaltverbrechen, die dann ebenfalls auf Games bezogen werden, in Deutschland geschehen, aber nicht in anderen Ländern wie Frankreich, Italien oder Österreich, wo es keine Indizierungspraxis gibt, kein Gewaltdastellungsverbot im Strafrecht existiert, Spiele nicht schon hundertfach vom Markt ausgeschlossen wurden, dafür „angepasst“ usw. Die Sprache des Vorwurfs ist zwar unter Umständen etwas freundlicher als früher, doch der Kenntnisstand über die schon vorhandenen Regulierungen erscheint mir weiterhin sehr dürftig zu sein. Insofern befürchte ich, dass die Rede vom Dialog mehr Rhetorik ist, als dass sie Sachgehalt hätte – eher schon könnte es jetzt wahrscheinlicher zu Anlassgesetzgebungen kommen.
Die kommende Gamescom-Berichterstattung dürfte jedenfalls entsprechend düster ausfallen. Mir schwant zumindest Übles.
Es ist jedoch noch was äußerst auffallend: CS ist ursprünglich ein Produkt des vorigen Jahrtausends gewesen, es stammt sogar noch aus dem Jahr 1999, als es nach Bad Reichenhall die ersten schwereren Vorwürfe an digitale Spiele gerichtet gab. Und der Becksteinsche Begriff davon hat sich seitdem keineswegs geändert, vor allem das haben die letzten Tage mir deutlich gemacht: CS ist immer noch das „Killerspiel“ Nr. 1. Obwohl es ursprünglich nicht einmal ein kommerzielles Produkt war, jemand der tausend Stunden und mehr damit zubringt kaum die zugehörige Industrie unterstützt… Also wenn jemand an den tausenden anderen Titeln die jährlich erscheinen offenbar kein, oder nur gering vorhandenes, Interesse hat, sondern immer nur ein Spiel in zwei bis drei Variationen spielt, das ihm über die ganze Zeit höchstens ein paar Euro gekostet hat, wie können dann die Erzeugnisse einer gesamten Industrie überhaupt einem Vorwurf ausgesettzt sein? Da ist eine aus meiner Sicht gewaltige Schieflage vorhanden.
Darüber hinaus haben die letzten Tage für mich gezeigt, dass das Gerede der Branche über Akzeptanz nichts als eine Marketing-Strategie gewesen sein kann (!). Ein Vorwurf den ich guten Gewissens halt leider auch der angekoppelten Medienwissenschaft machen muss: die Verbreiterung des Marktes bedeutet letztlich wirklich nur eine Einebnung. Spiele haben sich damit freiwillig und ohne Not einem Anpassungsprozess unterworfen, sie haben sich einem größeren Gefüge angebiedert, aber letztlich eben keineswegs für mehr Verständnis gesorgt. Und das betrifft sowohl den „Indie“-Bereich, als auch sämtliche Casual-Ware mit dem riesigen Mobilbereich auf Handys und Tablets, sowie Browser- und Facebook-Games. Ich hatte das Gefühl, eine solche Vermutung, ja schon als ich Big Fish vergleichend untersuchte – völlig unabhängig von Gewaltdarstellungen: allein das Konzept eine Figur am Bildschirm zu steuern, war dort vielen fremd. In der Folge könnte über einen diesbezüglich vorgeprägten Games-Journalismus jedoch eine ganz andere Situation noch eintreten: früher äußerten sich innerhalb des Games-Zirkus eher nur einzelne Figuren wie Boris Schneider-Johne abfällig über Shooter und Konsorten. In dieser Situation, wo der Gedanke an einen Generationenkonflikt nur mehr abwegig ist, könnten nicht Einzelpersonen, sondern ganze Redaktionen – ich denke da etwa an die Computer Bild und andere dem Boulevard nahe stehende Medien – sich allgemeinen Forderungen gegen „Killerspielen“ anschliessen und somit ein völlig neues, überaus negatives Klima erzeugen. Nicht nur in Deutschland, sondern auch hier in Österreich – wie eine vorgestrige Radiosendung bereits nahe legte.‘